IN DEUTSCHLAND BIN ICH KAFFEE

Meine Hautfarbe bleibt die selbe, wird aber anders genannt. Meine Identitaet wird fremdbestimmt. Das ist nicht so leicht zu akzeptieren.

"Und das ist das Buero von der Weißen", erklaert mein Kollege, Fabrice, als er den Jahrgang durch das Buero von DUCA fuehrt.
Die Weiße. Ich bin doch nicht weiß. Ich bin Alida: Ich bin deutsch, hessisch, darmstaedterisch. Ich bin Abiturientin. Ich bin Schwester, Tochter, Freundin. Ich bin weiblich, jugendlich, groß, schlank. Ich bin vieles. Aber weiß? Ist es das, was mich beschreibt? 
In Deutschland gelte ich als etwas dunkler. Die mit dem persischen Papa. Na du weißt schon. Braune Haut und so. Wie Kaffee.
Hier nicht. "La blanche! La blanche! Ici!", droehnt es aus allen Ecken, als ich das erste Mal auf dem Markt bin. Sie wollen verkaufen. Ich bin gemeint. Wer sonst. Trotzdem fuehl ich mich nicht angesprochen. Ich reagiere nicht. Ich bin doch gar nicht weiß. 
"Ha!", lacht Mimi, eine kamerunische Freundin von uns, als wir ihr erklaeren, dass ich in Deutschland als dunkel wargenommen werde. Sie sehe zwischen Margarete und mir keinen farblichen Unterschied. "Vous êtes les blanches!"
Im Supermarkt. "Merci, la blanche!", bedankt sich ein Mann, als ich ihn vorbei lasse. "Gerne, le noir", denke ich mir, spreche es aber nicht aus. Waere ja irgendwie komisch, Menschen anhand ihrer Hautfarbe zu definieren. So, wie er es getan hat.
"Ah! Warst du die Weiße, die auch im Mai auf der Hochzeit meines Neffen war?", fragt mich seine Tante, als Alexis mich ihr vorstellt. "Ne ne, das war Annka. Nicht ich. Ne andere Weiße", antworte ich. Man gewoehnt sich daran. 
"La blanche! La blanche! Ici!", rufen auch heute - mehrere Wochen nach meiner Einreise - die Verkaeufer auf dem Markt. Ich drehe mich um und sage: "Non merci, Monsieur." Ich weiß ja, dass ich gemeint bin. Da kann man ruhig mal reagieren.
Bei einer Motofahrt durch New Bell rufe ich Zoe und Johannes zu: "Oh, ein Weißer! Habt ihr ihn gesehen?" Ich zeige auf einen Mann am Straßenrand. Vor fuenf Wochen haette ich ihn Caramell genannt. Oder vielleicht Mandel. Aber bestimmt nicht weiß.
Man passt sich an. Die eigene Identität passt sich an.
"Und das ist das Buero von der Weißen." Fabrice scheint zu merken, dass es mich irritiert hat, wie er mich vorgestellt hat. Er ergaenzt: "Sie heißt Madame Ada und kommt aus Deutschland." Ich laechel den Jugendlichen zu. Sie laecheln zurueck.