VOTED BY THE YOUTH OF CAMEROON

Kamerun ist ein autoritaeres Land. Wenn das Bild des 87-jaerigen Praesidenten zu wehenden Fahenen von unzaeligen Schuelern durch die Stadt getragen wird, ist das heftig eklig. 

"Selbst Monsieur Macron muss sich direkter Kritik stellen", erklaere ich den Schuelern bei DUCA. "In Europa ist es anders als in Kamerun. Politiker werden behandelt wie jeder andere. Sie sind keine Koenige, keine Goetter. Sie sind Angestellte der Buergerinnen und Buerger."
Monsieur, le Président de la République du Cameroun, Son Excellence Paul Biya spricht drei Mal im Jahr zu seinem Volk. So auch heute, am 11. Februar. Am Tag der Jugend. Auf den Straßen von New Bell wird seine Rede uebertragen. Johannes und ich lauschen der alten, rostigen Stimme: "Today, a large majority of Cameroonians can eat their fill, receive health care, enrol in primary and secondary schools and University and have the Right to express themselves and to vote freely." Ich versuche mir meine Empoerung nicht im Gesicht ansehen zu lassen. "Schon krass, dass der sich traut so offensichtlich zu luegen."
Die Realitaet ist anders: Solange die Nachrichten vom Staat gesteuert sind, Oppositionsparteien ausgeschlossen werden, man in einer weit entfernten Region zur Wahl registriert ist, in Doerfern am Wahltag geschossen wird, dass die Menschen sich nicht trauen das Haus zu verlassen, so lange darf Biya nicht von freien Wahlen sprechen.
Solange Kinder in Schulen mit Gewalt zur Unterwerfung gezwungen werden, Homosexuelle bestraft , Frauen in Rollenbilder gedraengt, politische Gegner inhaftiert werden und das Internet abgestellt wird: So lange darf Biya nicht von Meinungs- und Ausdrucksfreiheit sprechen.
Solange Bildung Geld kostet, Schueler keine Kopien bekommen, weil sie nicht zahlen, sie zuhause bleiben, weil sie im Betrieb helfen muessen, sie Angst haben Fehler zu machen, weil ihnen mit Gewalt gedroht wird: So lange darf Biya nicht von einfachen Zugang zur Bildung sprechen.
Solange das Trinkwasser verpestet ist, Menschen krank zur Arbeit gehen, weil sie sonst keinen Lohn bekommen, Frauen beinah bis zur Geburt ihres Kindes arbeiten, Risikopatienten keine HIV-Tests machen koennen, die schlechte Infrastruktur jeden Tag zu Verkehrstoten fuehrt: So lange darf Biya nicht von funktionierender Gesundheitsversorgung sprechen.
Solange Kinder am Rondpoint sich die Hand in den Mund stecken, um mir zu zeigen, dass sie Hunger haben, Schueler sich entscheiden muessen, ob sie den Schulweg zu Fuß laufen oder kein Essen kaufen koennen, solange ein Mensch fuer 45000 CFA sechs Tage die Woche jede Nacht 12 Stunden arbeitet, und mit diesem Geld fuer sich und seine Familie Miete, Strom, Wasser und Schulgebuehren zahlen muss: So lange darf Paul Biya nicht von Sattheit sprechen.
Solange Paul Biya luegt, ist er kein Demokrat.
Ein Demokrat hat es nicht noetig die Schuelerinnen und Schueler am Tag der Jugend in einheitlichen Uniformen zu Trommelmusik durch New Bell marschieren zu lassen. Demokraten wollen nicht vergoettert werden. Sie wollen kontrolliert, hinterfragt, gelobt, gewaehlt und vor allem abgewaehlt werden. Sie wollen nicht an der Macht sein, wenn die Buerger es nicht wollen. Demokraten wuerdigen am Tag der Jugend die Jugend, nicht sich selbst.
Ich raune Johannes zu: "Fehlt nur noch, dass sie Bonbons werfen. Dann wuerde ich mich fuehlen wie bei der Kerb im Martinsviertel." Beides unfassbar albern.